Manchmal merkt man erst rückblickend, wie sehr sich Dinge gefügt haben. Wie Wege, die lange unklar waren, plötzlich eine Richtung bekommen. Und wie das, was sich vorher schwer und zäh angefühlt hat, langsam zu etwas werden darf, das trägt.
So geht es mir gerade mit meinem Studium – und mit dem neuen Abschnitt, der im Oktober beginnt.

Ich studiere Theologie, Sozialraum und Innovation – kurz: TSI.
Ein Studiengang, der genau das verbindet, was mir am Herzen liegt: fundiertes theologisches Denken, praktische Arbeit mit Menschen und die Frage, wie Kirche in unserer heutigen Gesellschaft ganz neu relevant, offen, heilsam und hoffnungsvoll wirken kann.

Begonnen habe ich mein Studium in Präsenz in Berlin, am Theologischen Studienzentrum Berlin (TSB). Die Zeit dort war intensiv. Ich habe viel gelernt, theologisch wie persönlich, und war dankbar für die Möglichkeiten, die sich mir dort geboten haben. Gleichzeitig habe ich aber auch gespürt, wie sehr mich das Leben in einer Großstadt wie Berlin – mit meiner Blindheit, mit den gesundheitlichen Belastungen, mit all den Herausforderungen des Alltags – zunehmend erschöpft hat.

Und dann kam die Umbruchphase.
Ein Förderpartner stieg aus, mein Platz in Berlin war nicht mehr sicher. Ich musste mich neu orientieren. Und obwohl das erst einmal ein Schock war, war es gleichzeitig der Startschuss für etwas Neues. Etwas, das ich heute als klare Führung Gottes empfinde.

Ab Oktober werde ich mein Studium im dualen System fortsetzen – mit der Evangelischen Hochschule Tabor als Hochschule und der Stadtmission Darmstadt als Praxisstelle. Das heißt: Ich bleibe weiter im Studium, werde aber gleichzeitig auch konkret in einer Gemeinde mitarbeiten . Theologie nicht nur im Kopf bewegen, sondern mit Händen, Füßen, Herz und Stimme leben – genau das, was mir immer gefehlt hat.

Dass es gerade Darmstadt geworden ist, ist für mich kein Zufall. Ich habe mich deutschlandweit beworben – in vielen Städten, bei verschiedenen Trägern, in Gemeindeverbänden und Einrichtungen. Und ausgerechnet dort, wo ich ursprünglich gar nicht gesucht hatte, kamen plötzlich Türen auf. In Hessen – meinem Heimatbundesland. In Darmstadt – einer Stadt, die mir durch ihre Lage, ihren Charakter, ihre Atmosphäre vertraut vorkam, obwohl ich sie kaum kannte.

Die Stadtmission Darmstadt hat mich vom ersten Moment an berührt.
Nicht, weil alles dort perfekt ist. Sondern, weil dort Menschen arbeiten, die offen sind für andere Wege. Die Inklusion nicht nur als Pflicht verstehen, sondern als Chance. Die Vielfalt leben. Die nach vorne denken. Und die bereit sind, sich auf jemanden wie mich einzulassen – mit Blindheit, mit Geschichte, mit Schwäche und Stärke zugleich.

Ich freue mich von Herzen auf diese Aufgabe.
Ich werde dort mitarbeiten, mitgestalten, begleiten, zuhören, predigen, lernen, scheitern und wachsen. Ich darf mein theologisches Wissen einbringen, mein Herz für Menschen, meine Erfahrungen als blinder Mensch, mein kulturelles Hintergrundwissen als brasilianisch-deutsches Adoptivkind – und alles, was mich ausmacht. Und ich darf gleichzeitig weiter lernen, weiter theologisch arbeiten, weiter meinen Weg finden zwischen Dogmatik und Diakonie, zwischen Bibel und Begegnung, zwischen Glauben und Gesellschaft.

Was mich besonders bewegt: Ich spüre, dass das mehr ist als ein Praktikumsplatz. Es ist meine erste richtige Stelle . Es ist ein Ort, zu dem ich mich berufen fühle . Nicht als reiner Job, nicht als Karriereschritt, sondern als echter Einsatzort meines Lebens.

Ich bringe viel mit:
Mein Herz für eine Kirche, die offen ist für Vielfalt.
Mein Wunsch, Räume zu schaffen für Menschen, die sonst keinen Platz finden.
Meine Hoffnung auf eine inklusive, barrierefreie Kirche, in der alle willkommen sind.
Meine Leidenschaft für Glaube, Musik, Worte, Begegnung, Heilung.
Und mein tiefer Wunsch, nicht nur über Gott zu reden, sondern ihn im Leben der Menschen spürbar werden zu lassen.

Ich glaube, dass Gott mich bewusst nach Darmstadt führt.
Und ich glaube, dass er in der Stadtmission einen Ort vorbereitet hat, an dem ich dienen, lernen, weitergeben und gleichzeitig auch ankommen darf.
Ich freue mich auf das, was kommt. Auf echte Begegnungen. Auf neue Aufgaben. Auf Herausforderungen, die mich weiterbringen. Und auf Menschen, mit denen ich gemeinsam unterwegs sein darf – nicht als jemand, der alles weiß, sondern als jemand, der selbst mitten im Werden ist.

Es fühlt sich gerade an, als würde ein neues Kapitel beginnen.
Eines, das nicht losgelöst ist vom Alten, sondern sich organisch daraus entwickelt.
Ich gehe nicht als jemand, der fertig ist – sondern als jemand, der bereit ist, mit offenem Herzen weiterzugehen. Schritt für Schritt.
Mit meiner Geschichte.
Mit meiner Sehnsucht.
Mit meiner Berufung.
Und mit Gott an meiner Seite.

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